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„WAAAAAS? Wir sind doch gar nicht so laut!“ – eine Lautstärkemessung in der Kita

20 Kinder in einer Gruppe – alle sind in unterschiedliche Spiele vertieft: hier macht eines ein Puzzle, drei spielen Memory, am Maltisch sitzen vier Kinder und kratzen mit Buntstiften auf Papier herum und auf dem Bauteppich ist ein Streit um Legobausteine ausgebrochen. Alle Kinder sind dabei in mehr oder weniger laute Gespräche vertieft, auf meinem Schoß sitzt ein weinendes Kind. Das ist der Alltag einer pädagogischen Fachkraft. Der Lärm: eine große Belastung. Trotzdem mache ich meinen Beruf sehr gerne!

Wenn sich 20 Kinder in einem Raum befinden und sich alle miteinander unterhalten, bleibt es nicht bei einer normalen Gesprächslautstärke. Die Kinder können sich nach und nach gegenseitig nicht mehr hören und werden lauter mit ihren Gesprächen, bis sie sich gegenseitig anschreien. Dann müssen wir als pädagogische Fachkräfte auch schonmal unsere Stimmen erheben und lauter werden, damit die Kinder wieder etwas ruhiger werden.

Ich habe in der Kita, in der ich als pädagogische Fachkraft arbeite, über eine Woche hinweg eine Lautstärkenmessung durchgeführt, um herauszufinden, wie laut es tatsächlich in der Kita wird. Diese Lautstärkenmessung stößt auch im Kollegium auf Interesse. Im Durchschnitt kam ich bei meinen Messungen auf ca. 72 dB. Dabei reichen die Werte von 30 dB (Arbeitsbeginn im Frühdienst, keine Kinder im Haus) bis 95 dB (in der Turnhalle mit 20 Kindern).

Sorgen pädagogischer Fachkräfte

Ich mache teilweise auch mit dem Gedanken, ob dieser Lautstärkepegel zu Hörschädigungen führen kann. Zum Vergleich: ein startendes Flugzeug erreicht 110-140 dB mit den 95 dB in der Turnhalle sind wir davon also nicht allzu weit entfernt. Eine Kollegin sagte während meiner Messung: „Man müsste eigentlich einen Hörtest machen, bevor man ins Berufsleben startet und dann nochmal einen, wenn man in Rente geht, um zu schauen, wie sehr die Arbeit das Hörvermögen beeinträchtigen kann.“ 

Wir sind schon so an die ständige Lautstärke in der Kita gewöhnt, dass es sich fast befremdlich anfühlt, wenn es mal etwas ruhiger wird. Beispielsweise in der Ruhezeit. Nach dem Mittagessen machen wir mit den Kindern Ruhezeit. In dieser Zeit können die Kinder sich in der Gruppe hinlegen oder hinsetzen und dann wird meistens eine CD angemacht oder ein Buch vorgelesen, damit die Kinder ein wenig zur Ruhe kommen. In dieser Zeit ist es in der Kita sehr still. Ich war vor ein paar Wochen in diesem Zeitraum bei meiner Chefin im Büro, der dann auffiel, wie still es gerade ist. „Fast ein bisschen unheimlich, wie leise es in der Ruhezeit ist,“ sagte sie mir in dem Moment.

Lösung zur Verringerung von Lärm

Eine durchschnittliche Lautstärke von 72 dB bedeutet dauerhaften Stress, denn ab einer Lautstärke von 60 dB wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Aus diesem Grund arbeite ich zeitweise mit Ohrstöpseln, die die Lautstärke um mich herum verringern. Sie sind kaum sichtbar und ich kann die meisten Kinder damit noch hören. Ich habe transparente Ohrstöpsel, damit ich in Tür- und Angelgesprächen mit Eltern nicht direkt mit meinen Ohrstöpseln auffalle, weil ich nicht unhöflich wirken möchte. Und die Kinder sollen auch nicht so direkt mitbekommen, dass ich Ohrstöpsel trage. Aktuell trage ich sie nur sehr wenig, weil wir Kinder haben, die sehr leise sprechen und die man schon ohne Ohrstöpsel bei dem Lautstärkepegel in der Gruppe schwer versteht. Wenn man dann noch Ohrstöpsel dazu trägt, hört man diese Kinder gar nicht mehr. Ich möchte da aber wieder hinkommen, meine Ohrstöpsel mehr zu tragen.

Wenn ich die Ohrstöpsel trage und die Kinder sehen sie, fragen sie mich, was ich dort in meinen Ohre hätte. Ich erkläre ihnen dann, dass das Ohrstöpsel sind, weil es mir manchmal zu laut in der Kita ist. Einmal gab es ein Kind, was das gar nicht verstehen konnte. Es sagte mir auf meine Aussage, dass es mir manchmal zu laut in der Kita sei: „Häää? Was? Wir sind doch gar nicht so laut!“

Foto: unsplash / Marco Aurelio Conde

Lena Manderscheid

ist 22 Jahre alt und arbeitet seit Januar als pädagogische Fachkraft in einer Kita in der Nähe von Düsseldorf. Mit dem Lärm, der in einer Kita herrscht, ist sie sehr vertraut und arbeitet deshalb teilweise mit Ohrstöpseln, um den Lärm zu verringern.

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