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Wenn Eisbären Völkerball spielen

Wir stehen in der Innenstadt Hannovers. Verabredet sind wir mit Greenpeace. Hier soll gleich um Punkt zwei Uhr nachmittags eine ihrer vielfältigen Aktionen stadtfinden. Bis jetzt ist davon aber reichlich wenig zu sehen. Und es ist immerhin schon 13:56 Uhr. Ich schaue mich nochmal um, diesmal sticht mir ein grüner Schriftzug in Auge, der gerade noch nicht da war.

Während wir schon mit den Aktivist*innen ins Gespräch kommen, tauchen innerhalb von 10 Minuten aus den beiden mitgebrachten Lastenrädern ein ganzes Völkerballfeld, ein Infostand und eine Greenpeace-Flagge auf. Jetzt ist Greenpeace nicht mehr zu übersehen. Ob sie auch am Freitag auf der Demo waren? Ja, klar. Auch sie seien mit der aktuellen Klimapolitik unzufrieden. Sonst typisch für Greenpeace sind aber eher ungewöhnliche Aktionen. Die meisten seien auch angemeldet, mit zivilem Ungehorsam müsse man eher vorsichtig sein: „Für Aktionen in besonders geladenem Umfeld machen wir vorher auch ein Deeskalationstraining.“

Da hat es Klick gemacht

Bei der heutigen Aktion in Hannover ist das aber nicht nötig. Wir spielen auf dem improvisierten Feld mit Passant*innen und Greenpeace-Mitgliedern Völkerball. Allerdings haben sich die Organisator*innen der Aktion noch eine extra Regel ausgedacht: Jedes Mal, wenn einer der Spieler*innen (Eisbären) getroffen wird, schmilzt die Eisscholle, also das Spielfeld, ein kleines Stück. Dazu ruft eine Aktivistin mit rotem T-Shirt laut: „Klimakrise!“. Diese Version nennen sie „Eisbären Völkerball“.

Ein paar Meter weiter sprechen andere Mitglieder der Umweltorganisation Passant*innen an. Die meisten gehen einfach weiter, aber einige halten auch an und lassen sich etwas über die dargestellten Probleme erzählen. Marina, von der Greenpeace Ortsgruppe in Hannover, erklärt uns: „Ich weiß nicht genau, was solche Aktionen und das Gespräch mit Menschen bringt. Das lässt sich ja nicht messen. Auch ich war nicht schon immer aktiv, aber irgendwann hat es einfach einen Moment gegeben, indem ich beschlossen habe, etwas zu ändern. Da hat es bei mir Klick gemacht. Wenn ich mit einem Menschen rede, ist es hoffentlich das Gleiche. Irgendwann macht es vielleicht auch einmal Klick, vielleicht heute, vielleicht in einer Woche, vielleicht in einem Jahr. Ich selber kann auch nur so aktiv sein, weil ich daran glaube, dass ich bei jedem Menschen, mit dem ich durch solche Aktionen in Kontakt und ins Gespräch komme, einen kleinen Tropfen dazu beitrage, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Und irgendwann ist das Glas voll, und der Mensch ändert wirklich etwas und wird vielleicht selber aktiv.“ Und durch die ungewöhnliche Aktionsform heute ist der Tropfen vielleicht etwas größer als bei einem herkömmlichen Infostand.

Steter Tropfen höhlt den Stein

Eine Runde Eisbären Völkerball ist jetzt vorbei und mit einem Megaphon suchen die Aktivist*innen neue Passant*innen, deren Glas auch schon fast übergelaufen ist und somit vielleicht mitspielen wollen. Bei Greenpeace aktiv werden, könne man aber auch schon mit wesentlich weniger Zeitaufwand. Dazu muss man kein ganzes Völkerballspiel mitspielen. Schon das Unterschreiben ihrer Petitionen und das Sprechen über ihre Forderungen, helfe ihnen sehr.  Wer Lust hat etwas zu machen, kann sich bei einer der Ortsgruppen melden, egal ob bei einer Aktion oder über die Website, heißt es dazu von Greenpeace.

Nach einigen ermüdenden Stunden Sport in der Innenstadt Hannovers wird wieder abgebaut und fast so schnell wie zu Beginn alles ausgepackt wurde, verschwindet nun auch alles wieder. Wir verabschieden uns von allen und wünschen einen guten Heimweg. Denn dort wollen jetzt auch die Ehrenamtlichen Aktivist*innen hin: Nach Hause.

Florian Semmler

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