„Klimaneutral, nachhaltig, green, ökologisch“, Konzerne werfen mit diesen Begriffen nahezu wild um sich, doch was hat es damit auf sich? Alles nur Schönfärberei?
Wachsende Unruhe bezüglich der klimatischen Veränderungen macht sich langsam aber sicher in der Bevölkerung breit. Überschwemmungen, ausgetrocknete Seen und Flüsse sowie das Schmelzen der Eisberge und der damit verbundene Anstieg des Meeresspiegels werden immer mehr zur Realität. Dadurch wächst auch das Bewusstsein und die Sensibilisierung für den Klimawandel der Menschen. Als Resultat dessen steigt die Nachfrage an nachhaltigen, ressourcenschonenden und umweltbewussten Produkten. Die Kund*innen wollten umweltfreundliche, möglichst plastikfreie und recyclebare Produkte kaufen, was den Druck auf die Unternehmen und den Konkurrenzkampf auf dem Markt erhöht. Viele Unternehmen versuchen diese Wünsche in die Tat umzusetzen, doch hierbei kommt es immer wieder zu Lügen und falschen Versprechungen.
Im Jahr 2015 hat ein großer, deutscher Autohersteller mit seiner Kampagne „Clean Diesel“ hervorgehoben, wie schadstoffarm und damit „sauber“ seine Dieselfahrzeuge seien und konnte hiermit auf dem Markt gute Verkaufsraten erzielen. Doch sechs Jahre später stellte sich heraus, dass hinter diesem Versprechen nicht nur die Wahrheit stand. Eine Software erkannte, dass die Diesel-Fahrzeuge im Hinblick auf die Abgaswerte manipuliert worden waren. Der Ausstoß von Stickoxiden war 40 mal höher als eigentlich in den USA zugelassen.
Das sogenannte „Greenwashing“
Diese und viele andere, auf die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft bezogene Lügen, gehören zum sogenannten Greenwashing. Greenwashing bedeutet, dass Unternehmen versuchen ihr Image durch verschiedene Strategien zu verbessern. Es ist eine Art Reinwaschen im Sinne der Nachhaltigkeit und findet häufig in Werbespots, auf Etiketten oder auch auf Verpackungen statt. Die Unternehmen versprechen sich von diesem „grünen“ Image Profit. Die Umweltorganisation Greenpeace entwickelte einen Kriterienkatalog um zu beurteilen, ab wann eine Werbung, die sich auf Nachhaltigkeit bezieht, als Greenwashing gilt.
Demnach muss für die Werbung mehr Geld investiert werden, als in den Umweltschutz gesteckt wird. Hinzu. kommt, dass die Unternehmen mit Selbstverständlichkeiten werben oder dass ihr allgemeines Kerngeschäft schon umweltschädlich ist. Durch diese Strategien steigern die Unternehmen den Absatz ihrer Produkte und machen mehr Umsatz. Doch warum funktioniert das so gut? Die Käufer*innen haben ein besseres Gewissen und geben dadurch mehr Geld aus. Außerdem werden sie durch die Medien schon vor dem Kauf sensibilisiert.
Für Greenwashing gibt es bereits zahlreiche Beispiele. Manche Unternehmen versuchen durch Spenden ihre Umweltsünden zu kompensieren und eine CO2- Neutralität vorzutäuschen. Außerdem gibt es Begriffe, die rechtlich ungeschützt sind und die somit ohne Prüfung verwendet werden dürfen. So zum Beispiel natürlich oder naturnah, die häufig auf Produkten verwendet werden. Oder auch viele Werbeslogans, die bei genauerem Hinsehen ziemlich fragwürdig sind, wie etwa:
Wer mehr kauft, recycelt auch mehr!“
Die Konzerne werben mit Selbstverständlichkeiten, die auf den ersten Blick für ein gutes Gefühl beim Kauf sorgen und für die Kund*innen sinnvoll erscheinen.
Strategien von Unternehmen
Viele Unternehmen fahren auch die Strategie Umweltprojekte zu unterstützen und gleichzeitig die Umwelt zu verschmutzen. Seit dem Jahr 2004 gibt es beispielsweise die Initiative RSPO, Round Table for sustainable Palmoil, welche sich gegen die Rodung der Regenwälder und für die nachhaltige Gewinnung von Palmöl einsetzt. Der weltweit größte Palmölhersteller, Mitglied der RSPO, verpflichtete sich 2013 keinen Regenwald mehr zu roden, doch die Zulieferer des Unternehmens hielten sich nicht an diese Verpflichtungen. Sie zerstörten erst vor kurzem rund 70.000 Hektar Regenwald. Der größte Kunde des Palmölunternehmens ist ein weiterer internationaler Konzern, einer der Gründungsmitglieder der RSPO.
Andere Unternehmen tätigen Falschaussagen und Verwenden nicht anerkannte Label oder Zertifikate, um ihre Produkte zu bewerben. Diese Label oder Zertifikate sind häufig frei erfunden und dienen ausschließlich dem grünen Image der Unternehmen. So zum Beispiel bei der Better Cotton Initiative (BCI): diese hat ein Siegel für nachhaltige Baumwolle. Das BCI Label hat einen Marktanteil von 19% und wird von einigen großen und weltweit bekannten Unternehmen genutzt . Das Label soll sichere Arbeitsbedingungen garantieren und Sklaverei ausschließen, doch wie eine ZDF-Doku herausfand, arbeiten für diese Baumwolle zahlreiche Kinder unter unmenschlichen Bedingungen in Usbekistan.
Außerdem gibt es die Strategie bedeutungslose Aussagen zu treffen, denen aber keine Taten folgen oder nur einen kleinen Anteil zu ändern und den gesamten Fokus auf diesen zu projizieren. Ein großes Kreuzfahrtunternehmen zum Beispiel hat von ihren umweltschädlichen Kreuzfahrtschiffen, die in erster Linie mit Schwerölen betrieben werden, nun 13 Schiffe auf LNG, Flüssigerdgas, umgestellt. Dies ist allerdings gerade mal ein Fünftel der gesamten Flotte. Bei den Kund*innen soll vor allem hängen bleiben, dass Kreuzfahrten mit diesem Anbieter von nun an umweltfreundlich sind.
Diverse Ansätze und Möglichkeiten
Doch was impliziert eigentlich richtiges Handeln in Hinblick auf die Nachhaltigkeit und gibt es bei Greenwashing eine Chance für mehr Nachhaltigkeit oder ist es doch nur Marketing?
Auf diese Frage gibt es nicht eine richtige Antwort, sondern diverse Antworten und Möglichkeiten. Für viele bedeutet nachhaltiges Handeln die Umwelterhaltung für zukünftige Generationen. So sieht es auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Außerdem bedeutet nachhaltiges Handeln die Herstellung eines wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gleichgewichts zwischen sämtlichen Nationen. Nachhaltigkeit setzt sich also aus drei großen Dimensionen zusammen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Und verlangt dementsprechend von den Unternehmen bewusst mit Ressourcen umzugehen und auf nachwachsende Rohstoffe umzusteigen. Außerdem sollte man auf eine gerechte Verteilung der Rohstoffe weltweit achten und die CO2-Emissionen reduzieren.
Doch auch Greenwashing kann einen gewissen Teil dazubeitragen. Es kann beispielsweise einen Anteil zur Sensibilisierung leisten und auf Nachhaltigkeit und den Klimawandel aufmerksam machen. Außerdem zeigt es, dass viele Kund*innen bereit wären mehr Geld auszugeben, um dadurch das Klima zu schützen.
Greenwashing birgt jedoch auch einige Nachteile für Organisationen oder Unternehmen, die wirklich nachhaltig agieren. Kund:innen vertrauen häufig diesen Unternehmen nicht mehr, was sich auf ihre Kaufentscheidung auswirkt. Durch die Masse an Informationen und den „Siegel- beziehungsweise „Zertifikatewahn“ stehen sie vor großen Herausforderungen und sind häufig verwirrt. Doch es gibt einige Möglichkeiten dem zu entfliehen.
Man kann zum Beispiel eine Internetrecherche durchführen und nur noch bestimmte Marken kaufen. Außerdem erkennt man auch an der Verpackung häufig wie umweltfreundlich ein Unternehmen agiert. Wenn die Verpackungen beispielsweise aus viel Plastik bestehen und Inhaltsstoffe wie Palmöl enthalten sind, sollte man sich lieber mehrmals überlegen, ob man den Nachhaltigkeitsversprechen des Unternehmens Glauben schenkt. Dazu gibt es Apps oder Websites, um zertifizierte Siegel zu überprüfen und erfundene von wirklich existierenden unterscheiden zu können.
„Mogelpackungen“
Doch Greenwashing ist nicht die einzige Lüge in der Wirtschaft. Genauso gibt es Versuche wie: viel Luft in den Verpackungen, riesige Kartonage oder auch doppelte Böden, um eine größere Füllmenge vorzutäuschen und so den Preis beibehalten oder sogar erhöhen zu können. Doch diese überdimensionierten Verpackungen führen weitgehend unbemerkt zu einer großen Menge an vermeidbarem Müll. Im September 2021 ergab eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, dass 1,4 Millionen Mülltonnen allein in Deutschland eingespart werden könnten, wenn auf diese sogenannten „Mogelpackungen“ verzichtet werden würde. Viele Verpackungen könnten sogar um bis zu 27% eingeschrumpft werden. Solche irreführenden Täuschungen sind eigentlich sogar verboten, doch es fehlt eine hinreichende Gesetzesgrundlage, um sie vollends verbieten zu können. Es gibt zwar einige Richtlinien, die vorgeben, dass in Verpackungen nicht mehr als 30% überflüssige Luft enthalten sein sollen und auch die Lebensmittelinformationsverordnung untersagt irreführende Informationen zur Verpackungsgröße und dem zugehörigen Inhalt, doch solche Verbote müssen immer individuell im Falle einer Reklamation begutachtet werden. Es liegt beispielsweise keine Täuschung vor, wenn der oder die Käufer*in durch Tasten oder Sehen gut auf den tatsächlichen Inhalt schließen kann. Bei Pralinenverpackungen darf die Verpackung zum Beispiel sechsmal so groß sein wie die Praline selbst.
Es kommt häufig vor, dass Füllmengen reduziert werden, der Preis jedoch unverändert bleibt. Dies verschleiern die produzierenden Unternehmen meist durch veränderte Verpackungen oder die Aufdrucke „neue Rezeptur“. Durch diese Änderung am Design werden die Kaufenden meist so abgelenkt, dass sie den dahintersteckenden Betrug gar nicht bemerken. Somit müssen Kund:innen beim Kauf der Produkte sehr aufpassen, da ein Gesetzesverstoß erst dann vorliegt, wenn bei identischer Verpackungsgröße oder unverändertem Design eine Reduktion des Verpackungsinhalts ohne einen merklichen Hinweis stattgefunden hat.
Dementsprechend lohnt es sich beim Einkaufen genau hinzuschauen und gewisse Werbeslogans, Siegel oder Zertifikate kritisch zu hinterfragen.
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