Was es bei der Synchronisation alles zu beachten gilt und wie man seine Stimme richtig einsetzt, weiß Arndt Schmöle, Dozent für Synchronschauspiel und Hörspielsprechen an der Akademie Deutsche POP Hannover. Er selbst ist zum Beispiel in „Die drei ???“ oder „TKKG“ zu hören.
„Rechts stinkt’s! Links fließt’s sprudelnd! Oben zischt’s spritzend, unten spritzt’s zischend! Und du stehst da und machst nichts!“ – was im ersten Moment wie ein komplizierter Zungenbrecher klingt, ist eigentlich eine Aufwärmübung für Synchronsprecher*innen. Mikrofonsprechen ist längst eine eigene Kunst geworden. Wer denkt, dass er allein mit einer „schönen“ Stimme ins Synchronbusiness einsteigen kann, liegt falsch.
Als ich vor ihm stehe, klopft mir das Herz bis zum Hals und ich kann kaum seinen Worten folgen, weil ich so aufgeregt bin. Jetzt heißt es voll konzentriert und fokussiert sein. Wie soll ich denn jetzt auch nur halbwegs so entspannt und professionell wirken, wie Arndt Schmöle, als er uns eine Kostprobe seines Talents gegeben hat? Aber keine Panik, Schmöle hat natürlich eine Anleitung, die er auch seinen Student*innen lehrt, parat. Zu aller erst muss ich mir den Text merken. Das ist nicht sonderlich schwer, er beinhaltet nur die Worte: „Nächster! Was hast du?“. Anschließend schauen wir uns den Take an und analysieren die Emotion der Figur, um diese dann später beim Sprechen genauso wiederzugeben. „Ja, hm… also er wirkt zwar genervt und herablassend, aber dennoch interessiert“, sage ich und sofort ploppt ein riesengroßes Fragezeichen in meinem Kopf auf, wie ich das nur mit meiner Stimme rüberbringen soll. Schmöle gibt mir den Tipp beim Sprechen die Gestik der Figur zu übernehmen und lässt mich den Text so lange unterschiedlich betont wiederholen, bis er zufrieden ist. Außerdem laufen vor jedem Take Zahlen von eins bis drei ab. Dabei ist wichtig, im richtigen Moment einzuatmen, um den Text passend einsprechen zu können. Passt.
In der Sprecherkabine
Jetzt darf ich in die Sprecherkabine. Meine Knie zittern, als ich in dem schallisolierten Räumchen stehe, das Mikrofon vor meiner Nase und davor der große Flatscreen, auf dem der eben geprobte Take abläuft. Sofort habe ich das Gefühl, meinen Text vergessen zu haben. Aber Schmöle lässt sich davon nicht irritieren und stellt sich mir direkt gegenüber: „Mach mal so, als würdest du mit mir sprechen. Komm, wink mich mal ran!“, Okay, jetzt volle Konzentration. „Nächster! Was hast du?“, sage ich und wedele mit meinem Arm in seine Richtung. „Ja, okay. Aber es klingt auswendig gelernt. Mach mal so, als wärst du echt neugierig darauf, was ich dir präsentiere!“. Ich wiederhole meinen Text diesmal so übertrieben neugierig klingend, dass ich mir fast doof vorkomme. „Ja! Das ist es! Aufnahme bitte! Und denk dran: Fokussieren, konzentrieren, einatmen und los“. Ich fühle mich wie im Film und wiederhole meinen Text, wie ich ihn vor ein paar Sekunden gesprochen habe. Kurze Stille. „Perfekt! Jetzt hören wir’s uns an!“, ruft Schmöle und begleitet mich aus der Sprecherkabine heraus, wo die anderen Teilnehmer*innen applaudieren. Was für ein Erlebnis! Und zu meinem Erstaunen hört sich die Aufnahme sogar richtig gut an.
Die Stimmenschauspieler*innen
Schmöle erklärt uns, dass die Bezeichnung Synchronsprecher*in nicht wirklich zutreffend für den Beruf sei. Vielmehr sei die Bezeichnung Stimmenschauspieler*in passender. Denn Synchronsprecher*innen müssten im Bruchteil einer Sekunde eine rollenspezifische Emotion kreieren können, die authentisch und glaubwürdig erscheint. Bei der Synchronisation kommt es deshalb nicht nur auf die Stimme, sondern auch auf Mimik, Gestik und die gesamte Motorik an. Es ist also voller Körpereinsatz gefragt. Darüber hinaus ist für eine gelungene Synchronisation ist zudem das Timing unverzichtbar. Dabei kommt es darauf an sich zu konzentrieren, wann man anfängt und wann man aufhört zu reden und ob die Worte zu den Mundbewegungen des Schauspielers passen, die der/die Zuschauer*in auf der Leinwand sieht.
Lernen kann man das zum Beispiel an der „Deutsche POP Hannover“. Die „Deutsche POP Hannover“, so erklärt uns Standortleiter Fritz Schnibbe, hat sich aus einem Tonstudio heraus entwickelt und wird von Künstler*innen geleitet. Sie sei eine junge, moderne Medienakademie, die Standorte über die ganze Welt verteilt hat. Da sie nicht staatlich anerkannt ist, muss man die drei Semester, die mit einem Bachelor-Abschluss enden, selbst bezahlen. Dafür hat man aber auch ein breites Spektrum an Studiengängen. Schnibbe zählt beispielsweise die 3-D-Grafik, Eventmanagement, Musik und die Sprecherausbildung auf.
Der Abend vergeht wie im Flug und wir entdecken Synchronsprechertalente unter uns, die das selbst niemals von sich gedacht hätten! Ob die Stimmen von Pinocchio, einer alten Frau, einem stocksteifen Buttler oder einer viel zu gut gelaunten Tochter – all diese haben wir mit viel Spaß in einer lockeren Atmosphäre einsprechen können.
Fotos von Athena Macke
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