Ich wollte etwas für die Umwelt tun. Gerade weil sonst eben nichts oder zu wenig getan wird, zum Beispiel auf politischer Ebene“, erzählt Theresa Kruse, die während ihres Auslandsaufenthalts in Norwegen bei Greenpeace aktiv war. „Dann habe ich einfach nach Ortsgruppen von Greenpeace geschaut und bin dann da hingegangen.“ Dort hat sie unter anderem Müll vom Strand und Unterschriften für Petitionen gesammelt oder über die Umweltprobleme aufgeklärt.
In einer Organisation zu sein, hat für sie gegenüber einer Partei viele Vorteile: „Organisationen und Vereine sind spezialisierter als Parteien. Eine Organisation muss eben nicht jedes politische Thema abdecken und dazu Stellung beziehen.“ Dadurch müssten auch die Mitglieder nicht bei allem einer Meinung sein. Es sei in einer Organisation kein Problem, wenn man sich mal nicht komplett mit den Meinungen der Anderen identifizieren könne. Bei einer Partei sei das schon anders, meint Theresa. Außerdem gebe es Berufe, zum Beispiel in den Medien, bei denen es nicht erlaubt oder gern gesehen ist, Mitglied einer Partei zu sein. Das betraf auch Theresa, die damals beim niedersächsischen Landtag arbeitete und deshalb nicht in einer Partei sein durfte.
Der Einfluss auf die Mutterpartei
„Parteien können vor allem auf lokaler Ebene viel bewegen“, findet dagegen Johanna, Mitglied bei der Grünen Jugend, der Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen. „Ich weiß nicht, ob bei den großen Umweltproblemen eine einzelne Organisation etwas verändern kann.“ Johanna sieht vor allem den Vorteil, dass die Grüne Jugend die Mutterpartei in manchen Dingen beeinflussen kann. So hat ihre Ortsgruppe der Grünen Jugend letztens einen Kandidaten für die Grünen erfolgreich vorgeschlagen. Die Aktionen sind in der Grünen Jugend hauptsächlich von der Ortsgruppe abhängig. Hier organisieren sie zum Beispiel Diskussionen oder Demonstrationen, tauschen sich mit ReferentInnen oder ExpertInnen über aktuelle Themen aus, produzieren die Mitgliederzeitschrift und zeigen Präsenz vor Ort.
Mehr als eine Million gehen auf die Straße
Aldan Rohlfs, einer der OrganisatorInnen von Fridays for Future in Pinneberg in Schleswig-Holstein, meint: „In einer Bewegung ist alles um einiges lockerer. Wenn ich einmal etwas weniger Zeit habe und etwas weniger mache, dann ist das nicht schlimm. Es ist außerdem nichts verpflichtend.“ Bei dem Klimastreik am 15. März 2019 haben laut Angaben von Fridays for Future weltweit mehr als eine Million SchülerInnen teilgenommen, allein in Deutschland über 300.000. Damit erreicht die Bewegung wesentlich mehr Personen als zum Beispiel die Grüne Jugend, die momentan etwas mehr als 7.100 Mitglieder hat. „Als Mitglied in einer Partei ist man abhängig und trägt eine gewisse Verantwortung. In einer Bewegung hat jeder ein Stimmrecht und ist freier und hinter Fridays for Future steht zwar eine Organisation, aber keine Institution.“
Fridays for Future organisiert sich hauptsächlich über Social Media, zum Beispiel in einer von mehreren WhatsApp-Gruppen pro Ortsgruppe. Die OrganisatorInnen melden die Demonstrationen an, organisieren Musikgruppen und verbreiten Sticker und Flyer. Aber sie stehen auch in Kontakt mit PolitikerInnen, um mit ihnen über ihre Ziele zu sprechen. Dass sie etwas verändern, sehen Jaro Vredenburg und Heye Hamadmad, die Fridays for Future in Bremen organisieren: „Wir haben auf jeden Fall etwas in den Menschen ausgelöst, so hatten wir zum Beispiel eine ziemlich grüne Landtags- und Europawahl und die höchste Wahlbeteiligung in Bremen seit Jahren. Die ist vorher immer weiter gesunken und lag in diesem Jahr dann auf einmal bei 66 Prozent. Außerdem ist Klimaschutz nun eines der Hauptthemen in der Politik in Bremen, wir sind bei PolitikerInnen häufig im Gespräch. Hauptsächlich politisieren wir aber die Menschen mit den Demonstrationen.“ Auch Aldan ist zuversichtlich: „Natürlich können wir etwas in der Politik bewegen. Vor allem aber erregen wir Aufmerksamkeit und regen einzelne Personen zum Nachdenken an. Und die SchülerInnen diskutieren dadurch auch eher mit ihren Eltern und versuchen, ihr eigenes Leben zu verändern.“ Die Bewegung solle daher bei jungen Menschen ein Nach- und Umdenken bewirken und so vielleicht ein ganz neues Umweltbewusstsein wecken.
Das neue Umweltbewusstsein
Laut einer repräsentativen Umfrage des Umweltministeriums aus dem Jahr 2018 gehört für fast jeden zweiten der 14- bis 16-Jährigen eine intakte und natürliche Umwelt zu einem guten Leben unbedingt dazu. Bei der Europawahl verloren die großen Volksparteien deutlich an WählerInnen, während die Grünen fast zehn Prozent dazu gewinnen konnten. Insgesamt konnten die Grünen bei den Wahlen 20,5 Prozent erreichen, bei den WählerInnen unter 30 sogar 31 Prozent. Gerade bei jungen Menschen ist in den letzten Jahren das Umweltbewusstsein deutlich gestiegen.
Doch woran liegt das? „Ich glaube, dass viele Jugendliche das Thema Klimaschutz schon früher wichtig fanden. Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg war quasi der Auslöser und eine Inspiration für sie“, so Johanna. Auch Aldan findet: „Umweltbewusst waren viele auch vorher. Aber durch die „Fridays for Future“-Bewegung ist ein regelrechter Hype entstanden.“ 44 Prozent der TeilnehmerInnen bei Fridays for Future sagen, dass Greta Thunberg sie zu der Teilnahme an den Protesten motiviert habe. Fridays for Future schreibt auf seiner Website, sie streiken, um den Klimawandel zu bekämpfen, gegen den die PolitikerInnen nichts täten.
Was sagt die Jugend zu der aktuellen
Klimapolitik?
Die Bewegung von Fridays for Future ist hauptsächlich ins Rollen gekommen, weil die Klimapolitik der älteren Generation verändert werden soll. Doch nicht alles an der aktuellen Klimapolitik sei schlecht, sagen einige AktivistInnen: „Die Politik macht nicht gar nichts. Es gibt in vielen Orten lokale Projekte und Politik geht nun einmal nicht von heute auf morgen“, findet Aldan. Heye sieht das Ganze kritischer: „Damit wir aufhören zu streiken, muss noch eine ganze Menge passieren. Außerdem müssen Gesetze nicht nur gemacht, sondern auch umgesetzt werden.“
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