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1000 und ein Weg in einen Job mit Zukunft

Online statt Print, Social Media statt Kiosk: Die Medienbranche verändert sich rasant. Conrad von Meding, seit 25 Jahren Redakteur bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ), gab beim „Irgendwas mit Medien“-Videotalk der JPN viele hilfreiche Tipps, wie trotz allem der Einstieg in den Traumberuf Journalismus klappen kann. 

Die Corona-Krise hat nicht nur den Schulunterricht und die Uni zeitweise zum Stillstand gebracht, auch geplante Praktika konnten zum Teil nicht stattfinden, erzählte von Meding auf Nachfrage einer Teilnehmerin. „Das ist gerade schwierig, die meisten Kolleg*innen kommen gerade erst aus dem Homeoffice zurück in die Redaktion“, sagte der Lokalredakteur. Alle geplanten Praktika musste die HAZ daher absagen, voraussichtlich können ab Spätsommer wieder Praktikant*innen Arbeitserfahrung bei dem Medium sammeln. „Bewerbungen nehmen wir aber für die Nach-Corona-Zeit an“, erklärte er.

Denn der beste Weg, um nach der Schule den Weg in den Journalismus gehen zu können, seien Praktika – am besten länger als nur ein oder zwei Wochen. Häufig fragen sich junge Menschen mit Journalismus als Berufswunsch, wie sie den Einstieg in den Job schaffen können, da sie für einige Praktika oder ein Volontariat Arbeitsproben, zum Beispiel veröffentlichte Artikel, brauchen. Daher ist es wichtig, nicht erst nach dem Studienabschluss das erste Mal in eine Redaktion hineinzuschnuppern. Ab Mitte des Bachelor-Studiums sei so ein Praktikum bei seinem Medium sinnvoll, sagte von Meding „dann schmeißen wir euch ins kalte Wasser“. In den ersten Tagen stelle sich meistens heraus, ob jemand für einen Beruf im Journalismus geeignet ist.

Wenn die ersten Artikel, die meist zusätzlich zum eigentlichen Artikel der Redakteur*innen entstehen, überzeugen, würden sie die Praktikant*innen schnell auch selbst an eigene Termine und Geschichten heranlassen. So entstehen im Laufe des Praktikums eigene Artikel, die für spätere Bewerbungen von großem Vorteil sind. Nur Kaffeekochen im Praktikum bringt einen dagegen nicht weiter. Daher sollten sich angehende Praktikant*innen schon vor Praktikumsbeginn über ihre möglichen Aufgaben informieren oder sich bei Vorgänger*innen über deren Erfahrungen austauschen. Doch wie überzeugt man mit einem guten Artikel? „Ein Text sollte so aufgebaut sein, dass die Leute Lust haben, ihn weiterzulesen“, verriet von Meding. Das Schreiben könnten angehende Journalist*innen allerdings noch lernen, schwieriger sehe es da aus, wenn sie Hemmungen haben, auf fremde Menschen zuzugehen. „Der Job lebt vom Netzwerk – ich muss wissen, wen ich wann anrufen kann.“ Dieses Netzwerk müsse auch gepflegt werden, sodass die Gesprächspartner*innen Vertrauen zu einem haben, betont der Journalist.

Conrad von Meding als Gesprächspartner bei einem Seminar zum Thema Lokaljournalismus

Das passende Studium

Es gibt verschiedenste Wege in den Journalismus – Studium, Volontariat oder Journalist*innenschule – und auch ohne eines der Drei findet sich häufig ein Weg in den Job. Daher kommt immer wieder die Frage auf, was denn nun der richtige „Fahrplan” sei. Von Meding überraschte ein wenig mit der Aussage, dass es eigentlich egal sei, was man studiert. „Entscheidet euch für das Studium, auf das ihr Bock habt“, riet er. Übrigens hätten nicht nur Geisteswissenschaftler*innen, sondern auch Menschen mit naturwissenschaftlichen Studienabschlüssen, Jurist*innen oder Wirtschaftswissenschaftler*innen gute Chancen in dem Beruf. Denn in einer immer komplexer werdenden Welt suchen die Medienhäuser zunehmend Menschen, die sich auf ein bestimmtes Themenfeld spezialisieren und sich darin sehr gut auskennen. Journalismus zu studieren, anstatt ein Fachstudium anzutreten, davon hält der Redakteur eher weniger, denn er glaube an das Konzept „Learning by doing.

Jede Erfahrung im Journalismus ist eine gute Erfahrung.

Conrad von Meding, HAZ-Redakteur

Zur Anwendung kommt dies in einem Volontariat, eine meist zweijährige journalistische Ausbildung bei einem Medium. Hier sind die „Volos“ bereits fester Teil der Redaktion und sammeln so viel Praxiserfahrung. Solch ein Volontariatsprogramm hat auch die Madsack-Medien-gruppe, zu dem die HAZ gehört, mit dem „Madsack Medien Campus“ im Angebot, vom dem der Redakteur ebenfalls berichtete. „Ein halbes Jahr vor Ausbildungsstart kann man sich bewerben“, erklärte er.

Ob auch ein kleineres Medium wie ein Bürgerradio für ein Volontariat sinnvoll wäre, war eine weitere Frage einer Teilnehmerin. „Jede Erfahrung im Journalismus ist eine gute Erfahrung“, sagte von Meding, ein Praktikum wäre hier also sicher nicht falsch. Weil ein guter Ruf des Mediums im Volontariat auch bessere Jobchancen mit sich bringe, sei ein kleiner Bürgersender nicht unbedingt die ideale Wahl dafür. Eine weitere Möglichkeit sind Journalist*innenschulen, die teilweise eine sehr gute Ausbildung böten, sagte von Meding. „Die sind aber auch oft teuer und der Auswahlprozess ist sehr hart.“

Ein vielfältiger Arbeitsalltag

Doch ist der Journalismus überhaupt noch ein Beruf mit Zukunft? Das fragten sich einige Teilnehmende mit Blick auf die Krise des Printjournalismus und fortschreitender Digitalisierung. Nachrichten finde man im Überfluss, sagte von Meding, doch die Aufgabe von Journalist*innen sei es, Themen nach wichtig und unwichtig zu ordnen – damit die Leser*innen dies nicht tun müssen. „Vielleicht gibt es in 20 Jahren nicht mehr jeden Tag eine gedruckte Zeitung, und das Klientel ist ein anderes“, sagte der Redakteur. Trotzdem ist er zuversichtlich und wirbt für seinen Beruf. Zwar mache man selten das, was man sich für den Tag vorgenommen habe. Aber: „Der Arbeitsalltag ist vielfältig und jeder Tag wieder überraschend.“ Diese ständige Unvorhersehbarkeit ändert sich wohl auch nicht, wenn irgendwann eine neue Generation von Journalist*innen in den Redaktionen von morgen sitzt.

Elena Everding

ist Vorstandsmitglied der Jungen Presse Niedersachsen, studiert in Hannover Politikwissenschaft im Master und arbeitet als Freie Journalistin. Das JPN-Journal und der dazugehörige Blog ist ihr Herzensprojekt - ab und zu schreibt sie hier auch selbst.

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