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Let´s talk about (Sex) Missbrauch! – Eine etwas andere Filmkritik

Mit der JPN war ich im vergangenen November beim 37. „Braunschweig International Film Festival“. Im Zuge des Filmfestes konnten wir als junge Pressevertreter viele der Filme ansehen und auch mit Filmschaffenden sprechen. Etwas zufällig habe ich mich für zwei internationale Filme entschieden, die überraschenderweise sogar eine ähnliche Thematik hatten. Welches das ist und wie mir die beiden Spielfilme gefallen haben, erfahrt ihr jetzt.

Der folgende Artikel behandelt sensible Themen wie sexuellen Missbrauch und Machtmissbrauch im Kontext von Filmkritik und gesellschaftlicher Reflexion. Leser*innen sollten sich bewusst sein, dass die Inhalte aufwühlend sein können. Wenn du selbst betroffen bist, nimm professionelle Unterstützung in Anspruch. Unter folgenden Nummern und Links findest du Hilfe:
 
Nummer gegen Kummer, Kinder- und Jugendtelefon: 116111
Nummer gegen Kummer, Elterntelefon: 0800 111 0 550
https://www.nummergegenkummer.de/kinder-und-jugendberatung/online-beratung/
 
Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530
https://www.hilfe-telefon-missbrauch.online/
 
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016
https://www.hilfetelefon.de/no_cache/das-hilfetelefon/beratung/online-beratung.html

Und bitte!

Sizilien in den 60er Jahren: Die Protagonistin Lia wird von einem jungen Mann aus einer einflussreichen Familie umworben. Doch seine besitzergreifende Art schüchtert sie ein. Auch ihr Vater ist gegen die Beziehung. Als Lia ihren Verehrer zurückweist, greift dieser zu einer radikalen Maßnahme: Mit Hilfe bewaffneter Freunde entführt er Lia und „entehrt“ sie, wie es zu dieser Zeit hieß. In Italien damals nur dann eine Straftat, wenn die Frau ihren Vergewaltiger anschließend nicht heiratet. Den Frauen bleibt oft keine andere Wahl, um dem gesellschaftlichen Verstoß auf der streng katholisch geprägten Insel zu entgehen, als der Heirat zuzustimmen. Doch nicht mit Lia: Sie ist

The Girl from Tomorrow

Zum ersten Mal wird diese Form der Vergewaltigung vor einem italienischen Gericht verhandelt. Keine einfache Zeit, denn die Angehörigen des Angeklagten greifen zu Einschüchterungsmaßnahmen. Der Film „The Girl from Tomorrow“ von Marta Savina ist ihr Spielfilmdebüt und basiert auf einer wahren Begebenheit. Die Regisseurin inszeniert die Emanzipation der Frau beispielhaft an der Geschichte der Protagonistin, die unter großem Druck steht. Wird sie den Gerichtsprozess gewinnen? Wird sie ein Leben nach ihren Vorstellungen leben können? Was wird aus ihrer Familie? Müssen sie für immer nachts an den Strand gehen, um den Blicken der Dorfbewohner zu entgehen? Werden die Wunden der Vergangenheit eines Tages heilen?

CUT!

Mit Missbrauch durch das männliche Geschlecht kommt auch die Protagonistin Eva im belgisch-niederländischen Drama „When it Melts“ von Veerle Baetens in Kontakt.

Es beginnt in der Kindheit: Nach dem tragischen Tod eines Freundes verbringt die 13-jährige Eva nur noch Zeit mit dem Bruder des Toten, Tim, und ihrem besten Freund Laurens. Doch die beiden Jungen haben nach und nach nur noch eines im Sinn: Sie möchten die hübschen Mädchen des Ortes nackt sehen. Eva, die durch ihre burschikose Art uninteressant für die beiden ist, hilft ihnen ein Spiel zu erfinden, bei dem sich die Mädchen immer weiter ausziehen müssen. Sie sollen ein Rätsel lösen, das Eva von ihrem Vater kennt. Eine Art Blackstory Einmal weigern sich zwei der Mädchen, sich auszuziehen, nachdem sie an dem Rätsel gescheitert sind. „Dann dürfen wir euch für 10 Sekunden anfassen“, fordern die Jungs. Nach einigen Diskussionen stimmen die Mädchen widerwillig zu. Während Tim und Laurens die Mädchen an den Brüsten und im Schritt berühren, zählt Eva von zehn runter. „Langsamer“, mahnt Tim. Schließlich lassen die Jungen von ihren Opfern ab. Entsetzt verlassen die beiden Mädchen den Heuschober.

Eva ist hin und her gerissen, sie weiß, dass das Verhalten ihrer Freunde nicht in Ordnung ist, aber sie hat sonst niemanden, mit dem sie Zeit verbringen kann; ihre Mutter ist alkoholkrank, der Vater kaum präsent und die Schwester zu jung. Eines Tages plant Eva Rache an den beiden mithilfe der neuen Nachbarin Elisa, doch das Spiel schlägt um. Mit katastrophalen Folgen für die Protagonistin. Eva kann sich nicht wehren, sie lässt es einfach geschehen, benommen schleppt sie sich zu ihrer Vertrauensperson. Und wird abgewiesen.

Die Erlebnisse der Vergangenheit lassen die Protagonistin nicht los. Die Sprünge in die Gegenwart zeigen eine Frau ohne Lebensfreude. Die die Geschehnisse von damals noch ans Licht holt, bevor das Eis schmilzt… Die Kälte ergreift am Ende auch die Zuschauenden. Nach dem Abspann ist es totenstill. Jeder bemüht sich, tief durchzuatmen. Das Gesehene sacken zu lassen. Der anschließende Applaus ist eine Respektbekundung an die Macher, sich eines solchen Themas angenommen zu haben.

Und aus!

Wer sich bei diesem schweren Thema eher ein Happyend wünscht, dem sei „The Girl from Tomorrow“ empfohlen. Wer es düsterer mag und wen die Abgründe des Menschseins fesseln, der kann sich an „When it melts“ wagen.

Doch eines eint beide Werke: Sie thematisieren ein nach wie vor wichtiges gesellschaftliches Problem, über das mehr gesprochen werden muss! In diesem Fall gilt, anders als am Filmset:  NICHT DIE KLAPPE HALTEN!

Alina Grinda

Alina studiert im ersten Semester Fachjournalistik Geschichte an der JLU Gießen. Sie ist ein großer Filmfan und mag Wortwitze.

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