„OMG ich kann das nicht believen! Nein, ich schwör!“, mitgehört am Hauptbahnhof Hannover. Es ist eine gefährliche Mischung. Eine Mischung aus Anglizismen und Kiezdeutsch. Für viele Germanisten und „Bewahrer der deutschen Sprache“ ein reiner Horror. Das ist kein Deutsch mehr! Oder doch?
Für viele Menschen definiert der Duden die Qualität der deutschen Sprache. Doch wer sich näher mit der Thematik beschäftigt, stellt schnell fest, dass diese Sichtweise nicht nur weltfremd, sondern geradezu chauvinistisch ist. Studienrätin Ines Walkling tut dies täglich. Als Deutschlehrerin unterrichtete sie viele Klassen und setzt damit einen klaren Rahmen für „gutes Deutsch“ in Klausuren oder auch wenn sie ihren Schüler*innen die Themen Sprachwandel und Sprachbewusstsein näher bringt.
Für sie machen Funktionalität und Angemessenheit ein „gutes Deutsch“ oder auch eine gute Sprache aus. Wenn sich also jemand mit „Diggah“ und „So Crazy“ verständlich ausdrücken kann und es zur jeweiligen Situation passt, why not?
Für viele der sogenannten Standardisierungsideologen sind diese Trends der deutschen Sprache jedoch ein „No Go“. Für sie müsse die deutsche Sprache „als eigenständige Kultur- und Wissenschaftssprache erhalten werden und vor dem Verdrängen durch das Englische geschützt werden“. Das fordert auch der Verein Deutsche Sprache e. V. Doch ist das nicht schon fast etwas chauvinistisch? Quasi eine Überhöhung der deutschen Sprache? „Das ist weltfremd“, spitzt es Ines Walkling treffend zu: „Sprache ist immer im Wandel. Das ist doch eine Bereicherung!“
Sprache ist immer im Wandel. Das ist doch eine Bereicherung!
Ines Walkling, Deutschlehrerin
Das erkennen wir doch schon allein daran, dass wir nicht mehr so reden, wie vor 300 Jahren!
Auch bereichert der Einfluss zahlreicher Kulturen aufgrund der Globalisierung unseren Alltag: so zum Beispiel in der Küche (talking about Pizza, Pasta, Döner, etc.), in der Musik oder auch Technik (viele Pcs kommen so zum Beispiel gar nicht aus Deutschland, geschweige denn unsere Smartphones). Warum nutzen wir nicht die unermesslichen Vorteile aus dieser Schatzkiste der Möglichkeiten?
Sprache ist doch vornehmlich zur Kommunikation da, zum Mitteilen seiner selbst, zum Interagieren zwischen Menschen. Ist es da nicht viel wichtiger, dass mein Gegenüber mich versteht? Und wenn das eben dann im „Avocado-Bowl-super-Healthy“-Slang ist (By the way: Der „Bowl“-Trend kommt auch aus den USA und nicht Deutschland, aber psst…).
Angemessenheit is the way to go
Weiter spielt die Angemessenheit der Sprache eine entscheidende Rolle. Dem stimmt auch Ines Walkling so zu und fasst es sogar noch weiter: „Es zeichnet Menschen als besonders sprachgewandt und sprachsensibel aus, wenn sie fähig sind, angemessen auch Anglizismen oder Internationalismen einzusetzen.“ Generell fällt auf, dass vor allem die englische Sprache für viele Heimatliebenden zum unbequemen Stolperstein in der alltäglichen Situation wird.
Wörter wie „Amateur“, „Ballon“, „Garage“, „Cafeteria“ oder „Demonstration“ gehen einem da irgendwie leichter über die Lippen, als eingedeutschte Wörter der Englischen Sprache. Deutsch sind sie aber auch nicht. Hmm, ein wenig auffällig ist das schon. Zusätzlich scheint es vielen zu entfallen, dass es für bestimmte englische Wörter kaum eine passende deutsche Übersetzung gibt, oder wie nennt man nochmal den „Air-Bag“ auf Deutsch? Haben wir da vorne in unseren Autos etwa „Luftabprallkissen“ im Armaturenbrett?
Dachte ich mir.
„Früher war alles besser“
Je länger man sich die Debatte um den vermeintlichen Sprachverfall anschaut, desto mehr erinnert sie an: „Gendern oder nicht Nicht-Gendern? Das ist hier die Frage.“
Es beschweren sich vor allem ältere Menschen, die noch leicht ein „Früher war alles besser“ mit ihrem Kaffee-Atem hinterher hauchen und uns scheinbar lebensfremden jungen Menschen erklären wollen, wie das mit dem Erwachsenwerden so funktioniert. Danke, ich verzichte und falle lieber dreimal auf die Schnauze, wenn das bedeutet, dass ich mir nicht mehr anhören muss, wie ich was und wie und wann sagen darf.
Doch hey, es gab da ja noch eine dritte Qualität, die gutes Deutsch ausmacht: „Tolerance is key“.
Zum Sprachbewusstsein gehört auch inklusives Sprechen und Schreiben. So zum Beispiel eben diskutiertes Gendern, aber auch die Sensibilität, keinerassistischen oder andere diskriminierende Wörter zu nutzen. Toleranz zielt hier auch auf die inklusive Aufgabe ab: Alle Menschen sollen berücksichtigt werden und dabei soll Sprache einbeziehen und keine Mauern aufbauen.
Walkling sieht dies vor allem als eine Bildungsaufgabe, da in der Schule ein großer Teil der Wertevermittlung stattfinde. So liege es an Lehrer*innen aller Fächer, den richtigen Umgang mit Sprache beizubringen, aber auch mit gutem Beispiel voranzugehen. Eine Mammut-Aufgabe, doch es wird sich lohnen.
Sprache als Teil eines absurden Machtgehabes
Es ist also gar nicht so schwierig, gutes Deutsch zu sprechen, oder? Doch warum lehnen manche Menschen den Sprachwandel so vehement ab? Woher kommt das Bedürfnis, Menschen im Bus aufgrund ihrer Ausdrucksweise in eine Schublade zu stecken?
Ines Walkling vermutet die Antwort: „Sprache wird hier deutlich Teil eines gewissen Machtgehabes.“ Für sie schwingt deutlich eine Angst des Privilegienverlustes mit. Eine kleine Bildungselite poche dabei auf einer konservativen Verwendung der deutschen Sprache. Heißt das, wir müssen die Sprache nicht vor dem Verfall, sondern vor der Privatisierung durch bestimmte Machteliten schützen?
Das nun wohl kaum, doch je mehr man sich mit der Materie auseinandersetzt, desto mehr erkennt man, wie wichtig es ist, statt auf Grammatik mehr auf die Art und Weise des Sprechens zu achten. Die Grammatik beziehe sich eher auf die Schriftsprache, konstatiert Walkling. In alltäglichen Gesprächen achtet kaum jemand penibel auf die Grammatik- höchstens einige Genitiv-Verfechter-, doch sonst ist es für viele Menschen viel wichtiger, in welchem Ton, in welcher Art ich etwas sage. Kommt mein Bedauern wirklich ernst gemeint rüber? Und kann ich mich in einem Vorstellungsgespräch angemessen mit meinem potenziell neuen Chef unterhalten? DAS sind genau die Qualitäten, die gutes Deutsch ausmachen. Dass alle Menschen durch meine eigene Sprache einbezogen sind, so zum Beispiel durch korrektes Gendern und verwenden von richtigen Pronomen.
Kindness before Duden, sozusagen.
EIN HOCH DER DEUTSCHEN SPRACHE
Das Brett ist Board geworden,
Anglizismen allerorten.
Sie surfen, skaten, kiten
Durch wahrhaft moderne Zeiten.
Es wird gelikt und gestreamt,
Wie sich’s für Hipster so geziemt.
Nicht klagen, nicht verzagen, 😉
Einfach wieder mehr Deutsch wagen.
Wir sagen No
Zu Coffee to go,
Weg mit Center und Shop,
Kein come in and find out;
Dem Denglisch Stopp,
Fordern wir laut.
Geh’n wir ran,
Und sagen
Sprachpanschern
Den Kampf an.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen
Man merkt schon, dass sich die Autorin Johanna Lucks nicht kritisch und objektiv mit einem Thema auseinandersetzt, sondern ihre überzogen voreingenommene Meinung auf fast schon kindische Weise präsentiert und hämisch die andere Seite ins Lächerliche zieht. Na, so haben wir das aber nicht gelernt in der Schule…
Ihre Ideologie sickert da offenkundig und unverschämt durch („Gendern…“) und wird natürlich auch als einzig richtiger und fortschrittlicher Weg dargestellt, wer nicht bei dieser Ideologie mitmacht, kann ja nicht dieselben „Werte“ vertreten (wer hat das schöne Wort „chauvinistisch“ benutzt?).
Schade, hatte eine informative & aufschlussreiche Auseinandersetzung mit dem Thema erwartet, vor allem mit so einem gewagten (und völlig ungerechtfertigten) Titel, aber tja… BAD LUCK, wie man auf Deutsch so schön sagt.^^
Wie wenig doch vom Deutschunterricht in den Köpfen der heutigen Abiturienten hängen bleibt…alles hinfort geweht in Zeiten zunehmender Radikalisierung (danke Soziale Medien!), wo Fakten mit Meinungen verwechselt werden.