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Birgit Honé – „Außenministerin von Niedersachsen“

Niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung – unter diesem Titel von SPD-Ministerin Birgit Honé können sich wahrscheinlich die wenigsten etwas vorstellen. Wir haben sie am Tag vor der Landtagswahl gefragt, was ihre Aufgaben sind, warum es Kritik an ihrem Ministerium gibt und wie ihr (Arbeits-) Alltag aussieht.

Reisen nach Brüssel, Straßburg oder in andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – daraus besteht ein großer Teil des Arbeitsalltags von Ministerin Birgit Honé. Sie vertritt auf ihren Reisen qua Amt die Interessen Niedersachsens. Denn auf EU-Ebene wird vieles entschieden, was nicht nur für den Bund, sondern auch für die Bundesländer Bedeutung hat und damit auch für die regionale Ebene. Dies können auch Fonds der EU sein, die Gelder beispielsweise in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Entwicklung des ländlichen Raumes bereitstellen.

Auf EU-Ebene ist Honé als Ministerin Mitglied im Ausschuss der Regionen. In diesem kommen gewählte Kommunal- und Regionalvertreter*innen zusammen. Er bildet eine Brücke zwischen den Regionen, Städten sowie Gemeinden der Mitgliedsstaaten und den Institutionen der EU. Über den Ausschuss der Regionen kann Ministerin Honé beratend am Gesetzgebungsprozess der EU teilhaben und niedersächsische Interessen vertreten.

Ihre Reisen tritt die 61-Jährige meistens mit einem E-Auto an. Nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch, weil sie dort, im Gegensatz zur Bahn, ungestört arbeiten und telefonieren kann.

Honé vertritt die Interessen Niedersachsens aber nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch als Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen beim Bund und als Mitglied des Bundesrates auf Bundesebene. Im Bundesrat sind alle Bundesländer vertreten. Da der Bundesrat bei jedem Bundesgesetz entweder zustimmen muss oder Einspruch einlegen kann, kann Honé als Mitglied dieser Vertretung im Namen der Landesregierung auch aktiv an der Bundesgesetzgebung teilhaben.

Aufgrund dieser beiden Aufgabenbereiche wird sie teilweise auch als „Außenministerin von Niedersachsen“ bezeichnet. Aber mit „Außenministerin“ Niedersachsens in der EU und im Bund sind ihre Aufgabenbereiche noch nicht vollumfassend beschrieben.

So ist Honé mit ihrem Ministerium auch noch für die regionale Entwicklung in Niedersachsen zuständig. In diesem Bereich geht es beispielsweise um das Bereitstellen von Förderprogrammen für die Städte und Kommunen, wie zum Beispiel mit dem Programm „Perspektive Innenstadt“. Mit diesem Programm sollen Kommunen „bei der Bewältigung von Pandemiefolgen in den Innenstädten“ unterstützt werden.

Kritik am Ministerium

Honé hat das Amt als Ministerin seit der Landtagswahl 2017 inne. In der vorherigen Legislaturperiode hatte sie sich bereits mit den Themenfeldern ihres späteren Ministeriums beschäftigt, damals aber als Staatssekretärin in der Staatskanzlei.

Wieso braucht es seit der Landtagswahl 2017 dafür ein eigenes Ministerium? Kritische Stimmen sagen, dass man aus den Aufgabenbereichen der früheren Staatssekretärin nur deshalb ein Ministerium gemacht habe, damit SPD und CDU, die nach der Wahl 2017 etwa gleich viele Wähler*innenstimmen bekommen hatten, auch gleich viele Ministerien inne haben. Ein neues Ministerium kostet aber natürlich zusätzlich Geld, was zum Beispiel seinerzeit bereits vom Bund der Steuerzahler kritisiert wurde. Dieser fordert daher auch, nach der Landtagswahl wieder die Abschaffung des Ministeriums bzw. die Rückgliederung dieses Bereiches in die Staatskanzlei.

Und nach der Wahl?

Nach der Wahl, so meint Honé am Vorwahltag, möchte sie so schnell wie möglich weiterarbeiten, da es viel zu tun gibt. Denn ihr „[…] Tag müsste 48 Stunden haben“, verrät sie uns beim Gespräch in einem Café in der Innenstadt von Hannover.

Wie ihre konkreten Chancen sind, wieder im Kabinett vom designierten Ministerpräsidenten Stephan Weil vertreten zu sein, dazu wollte sie im Rahmen des Interviews keine Auskunft geben. Ob sie weiterhin Ministerin bleibt oder doch „nur“ Staatssekretärin in der Staatskanzlei wird, das mussten  die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zeigen.

Einen eigenen Wahlkreis hat die SPD-Politikerin übrigens nicht. Wie sie selbst sagt, würde sie diesem und sich selbst nicht gerecht werden, weil sie als Ministerin so viel unterwegs ist.

Nach den Koalitionsverhandlungen steht nun fest, dass Wiebke Osigus (SPD) das Ministerium übernehmen wird. Honé hatte wohl intern signalisiert, dass sie sich nun aus der Politik in der ersten Reihe zurückziehen wolle.

Es bleibt also abzuwarten, welchen Aufgaben Honé zukünftig nachgehen wird.

Auf jeden Fall hat sie nun wohl mehr Zeit für skandinavische Krimis, ein paar Partien Doppelkopf und ihren Garten.

Paul Rieger

Dieser Text ist entstanden im Rahmen des Landtagswahlreportageseminars 2022 der Jungen Presse Niedersachsen.

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